Neues aus der Varroatoleranz-Züchtung, 23.01.2015

Referent: Achim Fuchs, Prüfhof Kringell

Thema: Neues aus der Varroatoleranz-Züchtung

Der Referent Achim Fuchs stellt sich vor: Er betreut für die Leistungsprüfung 180 bis 200 Völker und privat noch einmal 60 bis 80 Völker.

Sein Motto ist: WÄHLE UND SICHTE, DANN ZÜCHTE.

Er gibt als Zielsetzung der Leistungsprüfung an:

  • Erkennen von genetischen Unterschieden
  • Vereinheitlichung der Umwelt- und Haltungsbedingungen (hier: Erlanger System)
  • Verwandte Tiere einbeziehen (Vatervölker, Geschwistervölker)

Grundlagen der Leistungsprüfung sind 1. einheitliche Aufstellung, 2. die Königinnen und 3. einheitliche Betriebsweise.

Zur Aufstellung: An einem Standort sind mindestens 10 Prüfvölker des gleichen Jahrgangs in lockerer Aufstellung; falls die Völker nicht mindestens 5 kg Honig pro Volk und Jahr eintragen, wird gemeinsam gewandert. Ein Volk wird zusammengestellt aus 4 Brutwaben und 1 Futtertasche, der Rest sind Mittelwände. Je Stand gibt es 10 bis 25 Völker.

Zu den Königinnen: Sie haben einen Abstammungsnachweis, sind eindeutig mit nummerierten Opalithplättchen gekennzeichnet, sie sind Geschwisterkönniginnen aus der gleichen Serie und ihre Begattung erfolgt auf einer anerkannten Beleg- oder Besamungsstelle.

Zur Betriebsweise: Die Kunstschwärme haben alle die gleiche Stärke (im Juni 1,5kg, im Juli 2,0kg); Brutableger werden in gleicher Stärke erstellt (im Juni aus 3 voll gedeckelten Brutwaben, im Juni aus 5); umgeweiselt weden gesunde, gleich starke Völker; bei Einwinterung muss mindestens 1 Zarge gut besetzt sein; aufgefüttert wird mit der gleiche Futtermenge und alle werden nach dem gleichen Konzept behandelt. Die Völker werden am gleichen Tag von der gleichen Person bearbeitet; beobachtet wird der Gesundheitszustand; ein Drohnenrahmen wird gegeben, aber nicht ausgeschnitten, da dieses Vorgehen die Leistung der Völker schmälern würde. Drohnenbrut wird ständig kontrolliert. Wird die Belastung zu hoch (bei über 3% Varroa-Befall), werden die Völker aus dem Programm genommen.

Alle Beobachtungen werden in die Stockkarten eingetragen.

Zur Honigleistung:

Sie wird durch Wiegen ermittelt; 1qdm beidseitig entspricht 375g Honig; die Erträge aus verschiedenen Trachten werden getrennt erfasst; Frühtracht geht bis 15. Juni, Sommertracht bis 10. August, Spättracht ab 10. August. Die Auswertung erfolgt über die Zentrale Zuchtwertschätzung.

Zur Sanftmut:

Es gibt ein Punkteschema von 1 bis 4.

4 bedeutet sehr sanft: kein Rauch ist nötig

3 bedeutet sanft: etwas Rauch ist nötig

2 bedeutet nervös: viel Rauch ist nötig

1 bedeutet bösartig: ohne Schutz nicht zu bearbeiten.

Dieses Prüfschema wird 5x bis 6x pro Jahr erstellt.

Zum Wabensitz:

Die Bienen sollen nicht aus dem Kasten herauslaufen. Zur Überprüfung wird eine Brutwabe aufrecht gestellt und nach einigen Minuten wird das Verhalten beurteilt: fest = 4; ruhig = 3; laufend = 2; flüchtig = 1.

Zur Schwarmträgheit:

Stufe 4 = keine Schwarmtendenz; Sufe 3 = leicht lenkbar, d.h. der Schwarmtrieb kommt durch das Brechen der Weiselzellen zum Erliegen. Stufe 2 = schwer lenkbar, d.h.es ist ein Zwischenableger nötig. Dieser fällt allerdings aus der Leistungsprüfung heraus, da er nicht mehr die originale Königin hat. Stufe 1 = hat geschwärmt und fällt aus dem Programm. Ein einmal zugewiesener Wert bleibt bestehen.

Zur Varroa-Toleranz: Es wird die Entwicklung des natürlichen Milbenfalls beurteilt, Anfangsbefall zur Salweidenblüte, spätestens bis zur 15. Kalenderwoche, dann noch 2x bis 3x nach jeweils 7 Tagen und zwar über der Bodeneinlage, die gegen Ameisen mit einem Öltuch getränkt ist. Gezählt werden nur die dunklen Milben, da die hellen evtl. durch den Putztrieb entfernt wurden. Diese Ermittlung dient nur zur Registrierung. Gute Völker haben nach der Oxalsäure-Behandlung einen Ausgangswert von maximal 0,5 Milben pro Tag, 3 Milben pro Tag gilt als hoher Ausgangswert.

Zur Bestimmung des Endbefalls werden ab Anfang Juli bis Mitte August dreimal alle 3 Wochen Bienenproben entnommen. Dabei werden 30 Gramm Bienen in einem Honig-Doppelsieb mit Wasser ausgespült. Es bleiben die Milben im Feinsieb hängen. Falls sich ein Wert von über 4 Milben pro 10 Gramm Bienen zeigt, wird dieses Volk aus der Prüfung genommen.

Zum Hygiene-Verhalten:

Dieses wird durch den Nadeltest ermittelt. Dabei werden auf einer durch eine rautenförmige Schablone (entspricht 100 Zellen) abgesteckten und markierten Fläche von verdeckelten Brutzellen 50% der Brutzellen angestochen. Es sollte das „Rosa-Augen-Stadium“, 14 Tage nach Eiablage, sein, weil da das Ausräumverhalten der Putzerbienen am stärksten aktiviert ist-. Nach 8 bis 12 Stunden wird ermittelt, wieviele Zellen ganz oder teilweise ausgeräumt sind. Dies wird in der Zeit von Ende Mai bis Anfang Juni, abhängig von der Witterung 2x bis 3x pro Volk durchgeführt.

Zur Winterfestigkeit:

Einwinterung Mitte Oktober, Auswinterung Mitte März, Ermittlung mit der Liebefelder Methode. Es wird die Frühjahrsentwicklung und die Volksstärke ermittelt. Der Überwinterungsindex berechnet sich aus: Bienenzahl bzw. besetzte Wabenzahl der Auswinterung geteilt durch den Herbstwert. In diesem Zusammenhang weist Herr Fuchs darauf hin, dass kranke Bienen aus dem Volk ausziehen und in ein gesundes Volk einziehen.
Zur Merkmalsbeurteilungfür die Absicherung der Rassenzugehörigkeit werden Filzbindenbreite, Cubitalindex, Panzerzeichen und Haarlänge herangezogen. Herr Fuchs empfiehlt hierzu einen guten

Zum Vitalitätstest: Die Völker werden vor der Sommerbehandlung an einem separaten Ort isoliert. Sie gehen ohne Behandlung in den Winter. Es sollten dann in der 1. Julihälfte nicht mehr als 2%, d.h.nicht mehr als 2 Milben pro 10 Gramm Bienen sein. Es gibt Königinnen, die den Vitalitätstest bestehen, aber nicht über mehr als 3 Jahre. Daraus wird geschlossen, dass der Marker für Varroatoleranz noch nicht in den Genen gefestigt ist. Beiläufig erwähnt Herr Fuchs, dass man aus Völkern mit Kalkbrut nicht nachziehen sollte, da diese Krankheit genetisch bedingt ist.

Zur Zuchtstoffgewinnung:

Herr Fuchs empfiehlt den Schweizer Umlarvlöffel. Die Bienen nehmen Kunststoffnäpfe genauso gut an wie Bienenwachsnäpfe. Das Verschulen (=Käfigen) der Königinnenlarven macht man am besten am 9. Tag, es ist auch noch am 14. oder 15. Tag möglich, vom 10. bis zum 14. Tag sind die Larven sehr stoßempfindlich. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten:

a) die Zucht im weisellosen Volk. Dabei wird die Königin mittels Absperrgitter in den 2. Brutraum

gesperrt. Nach 9 Tagen ist der untere Brutraum komplett verdeckelt. Nun wird der obere Brutraum, der die Königin enthält, komplett weggenommen. Der untere Brutraum dient nun als Anbrüter, dort hängt man die Weiselnäpfe ein, bis zu 25 Näpfe pro Latte, zwei Latten insgesamt. Vor dem Flugloch bringt man ein Absperrgitter an, um das Eindringen von jungen Königinnen zu verhindern. Das Pflegevolk sollte stark sein.

b) Die Zucht im weiselrichtigen Volk. Sie eignet sich für die Anzucht von 3 bis max. 8 Näpfen.

Dabei hängt man eine Brutwabe 9 Tage vor dem Einhängen der Weiselnäpfe in den Honigraum

und belässt sie die 9 Tage dort. Auf den 2. Brutraum legt man 2 Stunden vor der Zuchtstoffgabe

Fliegengaze (um den Duft der Königin abzuhalten?) anstelle des Absperrgitters. Nach 1 bis 2

Tagen nimmt man diese Gaze raus und setzt an ihre Stelle wieder das Absperrgitter. Dann sind

auch die Weiselnäpfe angenommen.

Zucht im Anbrüter: Der Kasten muss gut belüftet sein. Er soll überwiegend Jungbienen enthalten, ferner 1 Pollenwabe, 1 Futterwabe, 1 Wasserwabe (diese darf nicht bebrütet sein). Im Deckel werden die Weiselnäpfe eingebracht.

Finisher: Mehreren Pflegevölkern werden über Absperrgitter 15 bis 20 angepflegte Weiselzellen gegeben. Dann müssen in den Honigraum 2 Brutwaben eingehängt werden, damit sich die Arbeiterinnen nicht bei schlechtem Wetter nach unten zurückziehen.

Zur Schwarmzeit eignet sich ein Sammelbrutableger gut als Pflegevolk. Hierbei sammelt man Brutwaben aus verschiedenen Völkern zusammen, lässt sie 9 Tage stehen und bricht dann alle Weiselzellen. Man kann dann eine Wabe mit offener Brut einhängen, um die Entwicklung der Futtersaftdrüsen zu aktivieren. Nach 1 Tag wird die Brutwabe herausgenommen und die Zuchtlatte eingehängt. Am Flugloch wieder Absperrung gegen zufliegende junge Königin anbringen! Den Zuchtrahmen bei der Entnahme nicht abstoßen, sondern abkehren. Falls man ihn im Brutschrank sich fertig entwickeln läßt, sind 70% Luftfeuchtigkeit und 34,5°C nötig.

Das Käfigen der Königin verhindert das Verbauen und das Ausfressen der Weiselzellen und das Abstechen der Königin. Man sollte unbedingt in den Schlupfkäfig 1 Tropfen kristallisierten Blütenhonig geben. Die geschlüpfte Königin darf maximal 24 Stunden im Schlupfkäfig belassen werden.

Herr Fuchs rät, das Zeichnen der Königin unbedingt an Drohnen zu üben, evtl. mit einem Hilfsmittel wie z.B. einem Zeichnenrohr. Für jede Königin sollte man eine Zuchtkarte erstellen. Der Honigfutterteig für die Begattungskästchen sollte zu 3 Teilen aus Puderzucker und zu 1 Teil aus flüssigem Honig von eigener Produktion stammen, da sich die Erreger der Amerikanischen Faulbrut besonders in Futter und Honig ausländischer Herkunft finden.

Zu den Varroa-Toleranz-Belegstellen:

Es gibt insgesamt 26 Belegstellen in Bayern. Und zwei der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht (AGT), Hassberge und St. Johann.

Es werden 4a-Völker aus der AGT aufgestellt.

Die Vatervölker werden immer an der Schadschwellengrenze gehalten.. Diese sind eingeschränkt leistungsfähig, daher müssen doppelt so viele wie an normalen Belegstellen gehalten werden. Das Betreiben einer Varroa-Toleranz-Belegstelle ist deshalb ein Risiko.

Zum Vorbereiten der Begattungsvölkchen für die Belegstelle:

  • Bienen durch ein Absperrgitter sieben (Trick: in den Auffangbehälter eine jung gekäfigte Königin einhängen).
  • Die „Füllbienen“ gegen Auffliegen mit Wasser besprühen
  • Die im Käfig befindliche Königin kurz in handwarmes Wasser tauchen (der Königinnenduft verschwindet für kurze Zeit) und über das Flugloch zulaufen lassen
  • Rat: Der Anfangsstreifen aus Mittelwand sollte ein Drittel bis die Hälfte der Fläche bedecken. Das Kästchen zu 1/3 mit Bienen füllen. Dann 3 Tage Kellerhaft. Dabei beginnen die Bienen zu bauen. Der Keller sollte nicht kälter als 9°C sein, ideal sind 12 bis 15 °C.
  • Beim Aufstellen von Einwabenkästchen in der Belegstelle sollte man den „Kugelschreibertest“ durchführen, um sicherzugehen, dass beide Fluglöcher offen sind. Ohne Ausflugmöglichkeit verdursten die Bienen.

Herr Fuchs schließt seinen Vortrag mit dem Eingangszitat: Wähle und sichte, dann züchte.

In der anschließenden Diskussion meint der Referent, dass es noch mindestens 1 bis 2 Imkergenerationen dauere, bis Varroatoleranz erreicht sei, Die Toleranzzüchtung ist im Jahre 2000 angelaufen.

Zur Frage nach der Methode der Brutentnahme zur Varroa-Bekämpfung: Diese Methode ist sehr aufwändig, er wendet sie nur bei Sekundärinfektionen an.

Elisabeth