Anforderungen von Bienen an das Nahrungsangebot, 20. März 2015
Thema: Anforderungen von Bienen an das Nahrungsangebot
Referent: Dr. Dr. Horn, Leiter des Honiglabors an der Uni Stuttgart-Hohenheim
Zu Beginn dankt Norman Seefeld allen Helfern, die dazu beigetragen haben, dass dem Verein günstig Edelstahlgeräte aus einer aufgegebenen Gastwirtschaft zugekommen sind. Er weist auch auf die öffentliche Vorstandssitzung am 24. Juni im Gasthaus Hofer hin und bittet, dass sich Interessenten entweder per Email an den Verein oder über Telefon an Elisabeth Roth melden.
Dr. Dr. Horn stellt sich vor und erwähnt, dass er seit 58 Jahren Bienen hält und mit 16 Jahren bereits 100 Bienenvölker betreute.
Seine These ist, dass nicht alle Bienenprobleme auf die Varroa-Belastung zurückzuführen sind. Denn es gibt die Honigbiene seit 50 Millionen Jahren und sie konnte sich langsam an die Verhältnisse in Europa anpassen. Allerdings wirken jetzt einige sprunghafte Veränderungen.
Dr. Horn zeigt den globalen ökologischen Zusammenhang auf, den man als Symbiose verstehen kann. In diesem Ökosystem steht am Ende der Nahrungskette der Mensch. Ohne Pflanzen ist kein Leben möglich, sie sind die Primärproduzenten und stellen etwa 60 Milliarden Tonnen Biomasse her, davon die Kulturpflanzen 10 Milliarden. Wenn keine Bestäubung stattfindet, erlischt das Leben der Pflanzen und damit alles weitere Leben, da dies ja von der Pflanzenproduktion abhängt.
Der Referent zeigt die Besonderheit eines Bienenvolkes als Sozialstaat auf: Die Individuen leben auf engem Raum zusammen, zeigen keinen Futterneid, betreiben gemeinsam Brutpflege und Vorratslagerung. Die einzelne Biene lebt und stirbt für den Gesamtorganismus, der sich auszeichnet durch Arbeitsteilung, Kommunikation, sozialen Futteraustausch, gemeinsame Fortpflanzung (Schwarm) und Überwinterung in der Gemeinschaft. Der Bienenstaat ist in diesen Eigenschaften mit einem Ameisenstaat vergleichbar.
Als Probleme der Imkerei nennt der Referent Völkerverluste während des Winters und große Brutnester im Frühjahr, die jedoch wenig Trachtbienen aufweisen. Und er zählt mögliche Ursachen dieser Probleme auf:
- Nicht alles ist auf Fehler bei der Varroa-Behandlung zurückzuführen. Es gibt auch andere Krankheiten und direkte oder schleichende Bienenvergiftung durch ausgebrachte Pestizide.
- Die Landschaft ist zunehmend bienenfeindlich geworden. Gründe dafür sind die derzeitige Grünlandbearbeitung, die EU – Förderrichtlinien, die Vermaisung und die Überdüngung.
- Die derzeitigen Pflanzenschutzmaßnahmen sind ein Problem für die Bienen. Blütenspritzungen verursachen Rückstände im Honig, neue Saatgutbeizmittel und evtl. die Gentechnik können zu Problemen führen.
- Weitere Ursachen von Problemen könnten- ein falscher Standort
– Nutzung von Waldtrachten und damit Vorhandensein überalterter Sommerbienen und Pollenmangel im Wald
– Melezitose
– Verspätete Auffütterung und
– die Futterzusammensetzung sein.
Nach erfolgter Auswinterung ist die erste „richtige“ Trachtquelle die Weide. Danach gibt es einen kurzzeitigen Überfluss an Nektar und Pollen durch Obst- und Löwenzahnblüte.
Dr. Horn stellt die Trachtsituation für Biene und Insekten während des Jahres vor:
- Durch die veränderte landwirtschaftliche Produktion erfolgt bei der Grünlandbewirtschaftung der Schnitt vor der Blüte, was zu extremen Trachtlücken im Sommer und im Herbst führt. Darüber hinaus verarmt die Natur, weil viele Pflanzen sich nicht mehr über ihre Samen vermehren können (Rückgang der Biodiversität). „Grünland ist der programmierte Hungertod für die Bienen“. Der Referent stellt das Bild einer bunt blühenden, insektengerechten Sommerwiese einem Maisfeld gegenüber, das für viele Bienen die einzige spät verfügbare Pollenquelle darstellt, jedoch einen nur wenig wertvollen Pollen liefert.
- Als Alternative wird derzeit die Durchwachsene Silphie, auch Becherpflanze genannt, empfohlen. Allerdings muss diese gepflanzt werden und kann erst nach 2 bis 3 Jahren geerntet werden. Dann kann sie jedoch 20 Jahre stehen bleiben. Ihr Pollen ist extrem gut für die Bienen und zeigt wie alle Kompositen-Pollen eine rote Farbe.
- Der Pollen sollte nicht nur von einer einzigen Pflanzenart stammen. Denn einseitiges Nahrungsangebot wirkt sich als Stress auf die Bienen aus. Der Mangel an essentiellen Substanzen führt zu Krankheitsanfälligkeit, Kurzlebigkeit und geringer Volksstärke.
Eine optimale Futterversorgung ist die Voraussetzung für eine gesunde Volksentwicklung. Sie besteht aus einem Angebot aus Kohlenhydraten (Nektar, Honigtau, Honig, Zuckerfutter) und einem Angebot aus Eiweiß in Form von Pollen. Das Eiweiß ist vor allem nötig für die Ausbildung der Futtersaftdrüsen und die Produktion von Futtersaft.
Dr. Horn geht im Weiteren auf die Struktur eines Bienenvolkes ein: Es zeigt im Sommer neben einer Königin 20.000 bis 50.000 Arbeiterinnen, und 1.00 bis 4.000 Drohnen. Eine Königin kann bis zu 250.000 Eier pro Jahr legen. Der Pollenbedarf eines Volkes beläuft sich auf 30kg bis 50kg im Jahr. Ein Volk stell aus 150 Litern Nektar 30kg bis 50kg Honig her. Der Referent geht kurz auf die Inhaltsstoffe von Pollen ein: Neben Zucker (Bis zu 40% Saccharose) sind Wasser, Stickstoffverbindungen, Mineralstoffe, Spurenelemente, Organische Säuren, Vitamine, Aminosäuren, fettartige Substanzen, Farb- und Aromastoffe vertreten. Er erwähnt, dass die alten Obstsorten wertvolleren Pollen liefern im Hinblick auf die Stickstoffverbindungen, und dass die Vielfalt der enthaltenen Zucker evtl. eine Rolle für die Symbiose einer Pflanze mit bestimmten Insekten spielen könnte. Die „richtige“ Futterzusammensetzung ist unabdingbare Voraussetzung für eine gute Volksentwicklung. Denn das Gewicht der Larven steigt innerhalb von 5 Tagen auf das 500-Fache. Dr. Horn erwähnt die Aufgaben, die eine Arbeiterin im Laufe ihres Lebens nacheinander ausführt.
Rund um den Pollen werden die folgenden Fakten genannt:
- Die maximale Pollenernte pro Tag und Volk beträgt in Deutschland 500 Gramm, in Polen 1 bis 2 Kilo.
- Zur Zeit der Rapsblüte sammeln die Bienen 10% bis 20% anderen Pollen.
- Hummeln orientieren sich beim Befliegen der Blüten nach Sicht, Bienen verhalten sich blütenstet, bis im Bienenstock eine Information über eine andere Trachtart verbreitet wird.
- Wenn die Zellen zu2/3 mit Pollen gefüllt sind, werden sie mit Honig verdeckelt.
- Das Fressen von Pollen ist Voraussetzung für die Entwicklung der Wachsdrüsen.
- Bei Pollenmangel wird als erstes der Bienenbrotvorrat verbraucht, danach werden Eier und junge Larven gefressen. Die Bienen leben kürzer und sind anfälliger für Krankheiten. Die Königin legt wenig Eier und die Schwarmneigung ist verstärkt.
- Dr. Horn kennt 7.000 bis 8.000 Pollensorten nach ihrem mikroskopischen Bild.
- Pollen ist nicht durch andere Eiweiße zu ersetzen. Anderes Eiweiß wird zwar angenommen, aber nicht verstoffwechselt.
- Pollen enthält etwa 10% Wasser, bis zu 25% Eiweiß, relativ viel Zucker, dazu Mineralstoffe und weitere Inhaltsstoffe.
- Bei gleichem Trachtangebot zeigen Völker des gleichen Standortes unterschiedliches Pollenspektrum im Honig und in den Pollenfallen. Daraus schließt man, dass von den Bienen ein möglichst breites Spektrum an Pollenpflanzen beflogen wird. Täglich werden von einem Volk über 100 verschiedene Blütenpflanzen genutzt.
Fazit: Eine ausgewogenen Nektar- und Pollenversorgung ist entscheidend für eine gesunde Volksentwicklung.
Im Anschluss an den Vortrag gab Dr. Horn auf Fragen der Teilnehmer folgende Antworten:
- Schwarmneigung ist sowohl bei zu viel wie auch bei zu wenig Pollenangebot erhöht.
- Bei Nutzung der Weißtanne durch Bienen ist das Kaliumangebot zu hoch, was zur Vergiftung der Brut führen kann
- Pollen ist für den Menschen eine wertvolle Nahrungsergänzung. Dazu sollte man den Pollen 5 bis 10 Minuten in eine Flüssigkeit (Milch, Yoghurt, Tee) geben, damit er quillt und platzt.
- Dr. Horn warnt vor Kauf von ausländischem Pollen (Pestizide)
- Er lässt für den Winter viel Honig im Volk und wandert in die Durchwachsene Silphie.
- Die Durchwachsene Silphie blüht vom 20. Juli bis Mitte September. Dann ist schlagartig Schluss.
- Die erste Varroabehandlung sollte spätestens in der 1.Augustwoche erfolgen.
- Dr. Horn betreut Kretschmanns Bienenvölker auf der Villa Reitzenstein.
- Er gibt den Tipp, jetzt auf Futter zu achten, da häufig die stärksten Völker an Futtermangel sterben.
- Er setzt gerne ein Magazin mit bebrüteten Leerwaben („Fußmagazin“) unter Absperrgitter unter die beiden Bruträume. Dort wird Pollen eingelagert. Er gibt den Ablegern über einem Absperrgitter eine Pollenwabe und im Herbst eine Pollenwabe pro Volk an den Rand des Brutnestes.
Elisabeth Roth