Überblick über die Gattung der Honigbiene, 17. Oktober 2014

Das Referat beginnt Dr. Berg mit einem Überblick über die Gattung der Honigbiene. Insgesamt gibt es 11 Bienenarten. Nur die Art Apis mellifera hat weltweite Verbreitung. Nach ihrem Nestbauverhalten werden die Honigbienenarten in drei Gruppen aufgeteilt:

  1. Bienen, die in Höhlen nisten und mehrere Waben nebeneinander bauen.
  2. Bienen, die nur EINE Wabe mit ca. 1 Meter Durchmesser an einem Überstand, z.B. einem Ast, bauen und
  1. Zwergbienen, die ihre Waben wie die 2. Gruppe bauen, aber mit einem Durchmesser von Fußballgröße.

Dr. Berg greift einige interessante Vertreter heraus:

Die Apis cerana ist die „asiatische Schwester“ unserer Honigbiene und der natürliche Wirt der Varroa-Milbe. Bei ihr sind Arbeiterinnen und Drohnen gleich groß. Die Varroa-Milbe kann sich allerdings nur in der Drohnenbrut entwickeln. Dadurch kann die Milbe keinen großen Schaden im Bienenvolk anrichten. Versuche, diese Eigenschaft durch Kreuzungen in unsere Biene zu übertragen, sind fehlgeschlagen, da die Kreuzungsnachkommen absterben.

Bei den Riesenhonigbienen der Art Apis dorsata sind die Arbeiterinnen so groß wie unsere Königinnen. Sie wandern der Tracht nach und kommen wieder an ihren Ausgangsort zurück.

Die größte Honigbiene ist die Apis laboriosa. Sie lebt im Himalaya in einer Höhe zwischen 1.600 und 3.500 Metern Höhe. (Hierzu wird das Buch über Honigjäger in Nepal empfohlen.)

Die Zwerghonigbiene Apis florea ist eine Bienenart, die sowohl in Asien als auch in Afrika vorkommt. Das Volk hat Basketball-Größe und baut sein Nest frei hängend an einen Ast. Die Honigzellen sind sehr lang und radiär um den Ast angeordnet. Rechts und links vom Nest bringen die Bienen Leimringe an, wodurch sie gegen Ameisen geschützt sind. Anders als bei unseren Bienen befindet sich der Tanzboden für die Mitteilung einer Trachtquelle horizontal auf dem Nest, und es wird die direkte Richtung zur Trachtquelle angezeigt.

Apis mellifera ist die einzige Honigbiene, die weltweit verbreitet ist. Ihr natürliches Vorkommen ist in Afrika, Europa und Vorderasien. Von dort wurde sie nach Australien, Nord- und Südamerika und nach Südafrika gebracht. Sie war extrem schwarmfreudig und hatte die Tendenz zum Abwandern. Die Art Apis mellifera hat sich in Rassen aufgespalten.

Dass eine Verfrachtung von Bienenrassen zu unvorhersehbaren negativen Folgen führen kann, zeigt Dr. Berg am Beispiel der Killerbienen und des Capensis-Problems:

Apis mellifera scutellata wird als die afrikanische Biene bezeichnet. Sie wurde bis Nordamerika verbreitet und ist jetzt noch im Areal zwischen Texas, Nevada und Kalifornien zu finden. Sie ist vergleichsweise aggressiv. Dies erklärt sich aus dem hohen Fremddruck von in Südafrika vorkommenden Räubern wie z.B. dem Honigdachs.

Um 1957 wurde eine aus Südafrika an das tropische Klima angepasste Rasse nach Südamerika verfrachtet, um ihre Eigenschaften einzukreuzen. Sie ist dort zur „Killerbiene“ geworden.

Bei der Apis mellifera capensis verschmelzen zwei Eikerne von haploiden Eiern der Arbeiterinnen, so dass wieder diploide Eier als Ausgang für Arbeiterinnen und Königinnen entstehen. Dies ist in Südafrika ein Anpassungsvorteil, da am östlichen Kap meist starke Winde herrschen und die Königinnen beim Hochzeitsflug abdriften. Diese Bienenrasse hat der Mensch nach Transvaal verfrachtet, weil sie leichter zu handhaben ist. Dort hat sie sich zu einem Sozialparasiten entwickelt, denn es entstehen aus Arbeiterinneneiern überwiegend Königinnen. Wenn sich nun Capensis-Arbeiterinnen in ein Scutellata-Volk verfliegen und dort ihre Eier ablegen, geht die Scutellata-Königin verloren und mit ihr mögliche Nachkommen, die Brut aufziehen und Sammelflüge durchführen. In kurzer Zeit geht somit das Scutellata-Volk zugrunde. Dieses Phänomen wird auch Capensis-Problem genannt.

Apis mellifera umfasst ca. 25 Rassen, die wiederum in die folgenden vier Rassencluster eingeteilt werden:

  1. Mellifera/Iberica
  2. Carnica/Ligustica
  3. Anatolica
  4. Africana

Dabei werden für die Zuordnung 37 Körpermerkmale herangezogen.

Dr. Berg zeigt eine Karte von Europa zur Würmeiszeit vor 50.000 bis 10.000 Jahren. Honigbienen gab es nur im (wärmeren) Mittelmeerraum. Von dort haben sich mit Rückzug des Eises die Bienen ausgebreitet und Rassen gebildet:

Nach Norden Mellifera und Nigra (mit dunkler Panzerfarbe und schmalen Filzbinden),

nach Italien Ligustica (helle Hinterleibsringe) und

nach Nordosten(Albanien/Griechenland) Carnica (mit grauen Filzbinden).

Für die Zuordnung zu den einzelnen Rassen sind der Cubitalindex, der das Verhältnis bestimmter Flügeladern zueinander darstellt, und das Tergitmerkmal besonders wichtig. Typische Verhaltenseigenschaften dieser Rassen sind:

Carnica: winterfest, steile Brutkurve, hohe Schwarmneigung, ruhig, sanftmütig

Ligustica: überwintert schwierig (allerdings gibt es in Finnland eine winterfeste Ausprägung), brutfreudig, geringe Schwarmneigung, daher weltweit verbreitet

Mellifera: winterfest, flache Brutkurve (d.h. Entwicklung im Frühjahr langsamer), geringe Schwarmneigung, nervös und reizbar (Hybriden waren „Stechteufel“)

Allgemein zeichnet sich Mellifera durch die Fähigkeit zur Ausbildung von Ökotypen aus.

In Deutschland begann man im 19. Jahrhundert mit der Zucht von Bienen und man experimentierte über 100 Jahre mit verschiedenen Bienenrassen. Rassenmischungen waren brutale Stecher. Es hat sich auch der Landbau zu früh blühenden Kulturen hin verändert (Raps statt wie früher Luzerne und Klee). Seit 1950 wird planmäßige Zucht betrieben, in Bayern mit Unterstützung der staatlichen Bienenprüfhöfe. Wegen der schnellen Entwicklung im Frühjahr und weiterer Eigenschaften (s.o.) hat man sich für die Carnica-Rasse entschieden und Belegstellen eingerichtet und hat dabei die negative Eigenschaft der Schwarmlust in Kauf genommen. In den 80er und 90er Jahren war die Landbiene noch stark geprägt von der Mellifera-Rasse, heute dominiert der Carnica-Einschlag. Eine Erhebung zur Verbreitung im Nordosten Deutschlands ergab fast 83% Carnica und 16% Buckfast. Der Rest waren Mellifera und Landrassen.

Dr. Berg ging kurz auf die Buckfast-Biene ein: Sie geht auf die Tragödie der Isle-of-White-Disease zurück, die in Großbritanien fast alle Bienenvölker dahingerafft hatte, wahrscheinlich durch von Tracheenmilben übertragene CBPV-Viren. Bruder Adam kreuzte verschiedene Bienenarten und las auf Merkmale aus. Sein Prinzip war: Reinzucht – Kreuzungszucht – Kombinationszucht, jeweils über 7 bis 8 Generationen.

Die Buckfast-Biene ist nicht durch Körpermermale charakterisiert.

Die Carnica-Rasse dagegen ist eine natürliche Rasse. Die Rasse Apis mellifera mellifera, die früher in Deutschland heimisch war, ist bei uns nahezu ausgerottet.

In den Jahren 1993 bis 1997 wurden wissenschaftliche Vergleiche zwischen Carnica- undBuckfastbienen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass Kreuzungen zwischen beiden nicht automatisch Stechbienen sind, entscheidend ist dabei, ob das Ausgangsvolk ein Stecher ist.

Es trat kein Unterschied zwischen gut gezüchteten Carnica- und Buckfastbienen auf. In der Saison 2009/2010 ließen 12 Buckfast-Züchter die Leistungen ihrer Völker überprüfen. Dabei schwärmte die Buckfast-Biene genau so wie die Carnica. Bei Trachteinbußen läßt die Bruttätigkeit der Carnica-Biene im Gegensatz zur Buckfastbiene nach. Dass es keine überragende Bienenrasse gibt, ergibt sich aus dem in den Jahren 1999 bis 2005 durchgeführten Inselprojekt in Kroatien: 13 vorselektierte Linien (Carnica, Ligustica, Buckfast und andere) wurden auf eine Insel gebracht und zu Beginn gleichermaßen mit Varroa infiziert und daraufhin sich selbst überlassen. Nur sterbende Völker wurden entnommen. Nach 5 Jahren war auch das beste Volk tot.

Dr. Berg plädiert dafür, zu fragen,welche Biene passt zu meiner Imkerei. Dabei zeigt die Carnica-Biene mehr Vorteile für die Standimkerei, da sie mit den Vorräten haushälterischer umgeht, Trachtlücken erträgt und einen geringeren Futterbedarf hat. Für die Wanderimkerei ist die Buckfastbiene vorzuziehen. Diese ist sehr brutfreudig und daher weniger haushälterisch, hat eine geringere Schwarmneigung und entwickelt sich zu sehr starken Völkern. Allerdings braucht sie auch etwa 20% mehr Futter.

Dr. Berg erwähnte auch noch paarungsbiologische Aspekte: Die Jungkönigin wird an einem 5km bis 7km (bis 16 km) entfernten Drohnensammelplatz in der Zeit von 13 Uhr bis 17 Uhr von 8 bis zu über 20 Drohnen begattet. Pheromene aus der Mandibeldrüse und der Stachelkammerdrüse dienen der Anlockung der Drohnen, solche aus der Tergit-Taschendrüse zur Stimulanz der Paarung. Aufgrund des Paarungsverhaltens sind zum Erhalt einer Rasse Belegstellen nötig.

Abschließend weist Dr. Berg darauf hin, dass Imker zwar Individualisten sind, aber

  • sie haben eine Verantwortung für ihr Umfeld
  • jede Bienenhaltung beeinflusst das Umfeld
  • die Frage der Bienenrasse ist eine Aufgabe der Gemeinschaft
  • der Erhalt einer Bienenrasse ist ein wichtiges Anliegen. So können sich z.B. die Malta-Bienen der Asiatischen Hornissen erwehren. In Deutschland allerdings ist keine Restpopulation der dunklen Biene (Mellifera) mehr vorhanden, so dass die ursprüngliche Rasse praktisch ausgerottet ist.
  • es ist zu vermeiden, dass man sich eine Bienenrasse nur so zum Ausprobieren anschafft. In der Regel werden deren Merkmale über mehrere Generationen „mitschwimmen“. Dass beim Verbringen einer Rasse in eine neue Gegend Probleme entstehen können, haben die oben erwähnten Beispiele der Killerbienen und des Capensis-Problems aufgezeigt. Ein Rassenerhalt ist, wenn in der Region mehrere Rassen nebeneinander existieren, nur über Belegstellen oder künstliche Besamung möglich.

Im Anschluss geht Dr. Berg auf Fragen der Teilnehmer ein:

  • Was geschieht, wenn mehrere Rassen nebeneinander gehalten werden: => die Eigenschaften werden „runtergehen“.
  • Was ist vom kleinen Zellmaß 5,4 mm zu halten? => keine Auswirkung auf Varroa-Vermeidung. Allerdings schon auf den kleinen Beutenkäfer, der in Europa/Kalabrien angekommen ist und an 23 Bienenvölkern gefunden wurde. In Kalabrien sind 20.000 Bienenvölker, weil viele Imker dort ihre Völker überwintern lassen. Die Auswirkungen des Beutenkäfers werden aber in Deutschland wegen der Klimaverhältnisse nicht dramatisch sein.
  • Soll der Verein bei der Anordnung, dass in den Bienenheimen nur die Carnica gehalten werden darf, bleiben? => Ja.

Elisabeth