Paarungsbiologie der Honigbiene, 17.01.2014

Thema des Abends: Paarungsbiologie der Honigbiene, Referentin: Frau Ina Heidinger, Veitshöchheim

Norman Seefeld begrüßt die Anwesenden und dankt der Referentin, dass sie für den erkrankten Dr. Berg eingesprungen ist. Er kündigt an, dass das ursprünglich für den Abend vorgesehene Referat zur Problematik Carnica- und/ oder Buckfast-Bienen in einer der Mitgliederversammlungen im Herbst stattfinden wird. Er erinnert an die Jahreshauptversammlung am 21. Februar und an die Mitgliederversammlung am 21. März mit dem Referenten Dr. Wallner zum Thema Feinstaubbelastung von Bienen und Bienenprodukten. Außerdem kündigt er eine für alle Mitglieder öffentliche Vorstandssitzung am 25. März an.

Frau Ina Heidinger stellt ihren Bezug zum Thema kurz vor: Sie hat am Institut in Kirchhain zur Paarungsbiologie der Honigbiene geforscht und möchte einige der Ergebnisse vorstellen. Zuerst stellt sie die beiden Geschlechtswesen Drohn und Königin einander gegenüber, hinsichtlich der Entstehung (unbefruchtetes Ei/ befruchtetes Ei), des inneren Körperbaus und der Tage bis zur Geschlechtreife nach dem Schlupf. Die jungfräuliche Königin fliegt 4-7 Tage nach dem Schlupf zwischen 13.00 und 18.00 Uhr je nach Witterung mehrmals zur Begattung zu Drohnensammelplätzen (DSP). Sie paart sich mit 8 bis 20 Drohnen, die DSP sind meist 5 bis 7 km (im Einzelfall bis zu 16km) entfernt.

Es wurden DSP mit Drohnenfallen untersucht, diese sind unten offene Wetterballons, die an der inneren Oberseite mit Ködern versehen sind. Diese Köder sind entweder teuer käufliche Königinnenpheromone oder selbst hergestellte Aceton-Extrakte von Königinnen auf Schaumstoff. Wenn die Drohnen sich an der inneren Oberseite des Ballons sammeln, wird der Ballon im Idealfall so schwer, dass er von alleine zu Boden sinkt. Mithilfe dieser Methode und unterschiedlichen Versuchskonstellationen hat man herausgefunden, dass

  • umso mehr Drohnen anzutreffen waren, je näher die DSP waren
  • die Paarungssicherheit umso größer war, je höher die Anzahl der bereitgestellten Drohnenvölker und damit die Drohnendichte war. Dies ist besonders wichtig für Belegstellen. Dort sollten mindestens 30, besser 50 Drohnenvölker stehen. Nach der Erfahrung der anwesenden Bienenzüchter wird dies von kaum einer Belegstelle erbracht.
  • die Höhe der DSP abhängt vom Standplatz (bei Wind / Inseln eher in Bodennähe), von der Witterung und von der Bienenrasse. DSP der Carnica-Bienen liegen höher als die der Ligustica-Bienen, es gibt einen Überlappungsbereich. In der Regel liegen sie zwischen 30m und 50m. Mit Buckfast-Bienen wurden keine Untersuchungen gemacht.

Weiter interessante Fakten zur Paarungsbiologie:

  • Die Sexuallockstoffe der Königinnen stammen aus drei verschiedenen Drüsen, der Mandibeldrüse (hier ist es vor allem 9-Oxodecensäure), der Tergittaschendrüse und der Stachelkammerdrüse.
  • Zuerst fliegen die Drohnen aus, die Königinnen kommen nach.
  • An einem DSP finden sich 10.000 bis 20.000 Drohnen ein. Wenn zu wenige Drohnen da sind, fliegen viele Drohnen weiter zum nächsten DSP.
  • Je größer der Drohn, umso mehr Spermien produziert er, die Größe hängt von der Zellgröße auf der Wabe ab.
  • Die Fluggeschwindigkeit der Drohnen ist 3m pro Sekunde. Sie halten voneinander einen Abstand von 7cm und starten 5 Überholmanöver pro Sekunde.
  • Die erfolgreichen Drohnen befinden sich null bis 10cm unter der Königin („Pole-Position“).
  • Der Konkurrenzdruck unter den Drohnen ist groß: Auf eine Königin treffen 2.000 Drohnen.
  • Nur etwa 10% der vom Drohn zur Verfügung gestellten Spermien gelangen in die Spermathek der Königin.
  • Der Drohn bezahlt den Begattungsakt mit seinem Leben.

Am Ende stellte Frau Heidinger noch Betrachtungen zur genetischen Durchmischung an:

Es wurde beobachtet, dass die Nachkommen von an Belegstellen aufgestellten Königinnen zu 40% fremdbefruchtet waren. Dies erklärt sich daraus, dass die Königinnen oft weiter fliegen (bis 16km). Im Hinterleib der Königin werden die Spermien in der Spermathek gelagert. Dort findet eine gewisse, aber keine vollständige Durchmischung statt. Je geringer der Spermienvorrat ist, desto weniger Spermien werden pro Ei freigegeben. Bei den ersten 63.000 Eiern einer Untersuchung waren es 30 Spermien pro Ei, bei den nächsten 62.000 Eiern 12 Spermien pro Ei. Offenbar wird immer das gleiche Volumen Spermienflüssigkeit verwendet, aber die Spermienkonzentration nimmt ab.

Die Bienen haben mehrere Strategien, um Degeneration durch Inzucht zu vermeiden:

Die Jungkönigin fliegt mehrfach aus zur Begattung. Sie wird von bis zu 20 verschiedenen Drohnen begattet.

Auch durch genetische Strategien gibt es eine Barriere gegen Inzucht: Normalerweise sind die männlichen Bienen haploid, da sie aus unbefruchteten Eiern entstehen, d.h. sie haben von jedem Gen nur ein Exemplar. Aus befruchteten Eiern entstehen normalerweise Weibchen (Arbeiterinnen oder Königinnen), diese haben durch die Befruchtung von jedem Gen 2 Exemplare (eines durch die Eizelle und eines durch das Spermium).Ein sog. Sexgen ist für die Geschlechtsbestimmung verantwortlich. Bei Geschwisterpaarung kann sich nun die Konstellation ergeben, dass die Ausprägung (Allel) der beiden Exemplare dieses Gens identisch ist. Wenn dies bei 2 von mehreren (Frau Heidinger nannte sechs) möglichen Ausprägungen der Fall ist, entwickeln sich trotz befruchteter Eier Männchen. Diese werden allerdings von den Arbeiterinnen im Larvenstadium aufgefressen. Der Imker kann deshalb einen hohen Grad an Inzucht leicht daran erkennen, dass in der verdeckelten Brutfläche auffallend viele leere Zellen zu sehen sind.

Frau Heidinger ging während des Vortrags und im Anschluss auf die Fragen der Zuhörer ein.

Sie erklärte auch noch, was ein sogenanntes Drohnenvolk ist: Ein gut versorgtes, normales Volk, mit großer Bienenmasse und je einem (… oder je 2 ?..) Drohnenrahmen auf 2 Bruträumen, von dem viele Drohnen zu erwarten sind. Außerdem ging es um die Bestimmungen für Belegstellen: Im Umkreis von 5km dürfen keine Bienenvölker oder nur solche der gewünschten Herkunft stehen. Darüberhinaus gibt es einen „Schutzradius“ von 2,5 km.

Herr Seefeld dankte der Referentin für den interessanten Vortrag und schloss die Versammlung.

Elisabeth